Derivate sind finanzielle Massenvernichtungswaffen, hat Investorenlegende Warren Buffett vor fast 20 Jahren einmal behauptet. Etwas weniger martialisch ist die Feststellung, dass Derivate schlicht von anderen Werten abgeleitete Papiere sind.
Derivate Definition in Kürze
- Abgeleitetes Wertpapier
- Basiert zum Beispiel auf Aktien
- Viele Spielarten
- Bekannte Derivate sind Optionen und CFDs
Derivate sind abgeleitete Wertpapiere
Derivare ist lateinisch und bedeutet ableiten. Derivate sind also Wertpapiere, die von einem Basiswert abgeleitet sind, beispielsweise einer Aktie oder einem Rohstoff. Gehandelt wird nicht der Wert selbst, sondern ein davon abgeleitetes Papiere, dessen Wert sich aber vom Basiswert her ableitet.
Differenzkontrakte (CFDs) zählen beispielsweise zu den Derivaten, ebenso Optionen oder Futures.
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Derivaten unterscheiden, nämlich
- Festgeschäfte und
- Optionsgeschäfte.
Diese lassen sich wieder in zwei Gruppen unterscheiden, nämlich Geschäfte bei denen es
- zu einer physischen Erfüllung kommt und solchen, bei denen
- ein Barausgleich stattfindet.
Üblich ist bei Geschäften ein Barausgleich, wer beispielsweise ein Future auf Kaffeebohnen abgeschlossen hat, der bekommt am Ende nicht die Ware, sondern einen Ausgleich für deren Wert. Zunächst muss eine Anzahlung geleistet werden, die aber meist nicht dem tatsächlichen Wert der Kaffeebohnen entspricht, sondern nur einem Teil davon als Sicherheitsleistung (Margin). Am Ende der Laufzeit werden Kaufpreis und Endpreis verglichen. Hat der Anleger Gewinn gemacht, bekommt er die Differenz plus das eingezahlte Geld, hat er Verluste gemacht wird der von der Sicherheitsleistung abgezogen. Übersteigt der Verlust die Margin, muss sogar Geld nachgezahlt werden. Dagegen würde ein Kaffeerösterei bei einem Future auf Kaffeebohnen meist eine pysische Lieferung bevorzugen.
Bei einem Festgeschäft muss der Handel zustande kommen, bei einem Optionsgeschäft hat eine der Vertragsparteien die Möglichkeit, über den Handel zu entscheiden. Kauft ein Stromkonzern beispielsweise verbindlich eine bestimmte Menge Strom zu einem festgelegten Zeitpunkt, dann handelt es sich um ein Festgeschäft mit physischer Erfüllung. Wird dagegen von einem Anleger das Recht gekauft, zu einem bestimmten Datum eine bestimmte Menge Strom zu einem festgelegten Preis zu kaufen, dann handelt es sich um ein Optionsgeschäft. Liegt der Strompreis unter dem in der Option festgelegten Wert, dann muss das Geschäft nicht ausgeübt werden und die Option verfällt.
Eine Besonderheit sind Swapgeschäfte. Dabei findet ein Austausch zu mehreren Zeitpunkten statt. Beliebt sind beispielsweise Zinsswaps, bei denen eine Partei einen festen und eine einen variablen Zinssatz erhält.
Warum gibt es Derivate?
Derivate haben durchaus einen volkswirtschaftlichen Sinn, sie können nämlich als Versicherung dienen. Dabei ist es fast egal, ob ein Barausgleich oder ein physischer Ausgleich vereinbart ist. Fluggesellschaften können beispielsweise über Futures langfristig Kerosin einkaufen und sich damit gegen Preissteigerungen absichern. Alternativ können sie auch Optionen kaufen die ihnen das Recht einräumen, Kerosin zu einem bestimmten Kurs zukaufen. Liegt der Kurs niedriger, dann ist die Option wertlos, die Fluggesellschaft spart aber wegen der niedrigen Preise. Steigen die Kerosinpreise, kann das Unternehmen die Option ausüben und erhält die Ware, unabhängig vom tatsächlichen Preis, zu den in der Option vereinbarten Beträgen.
Weil Derivate so praktisch sind, gibt es sie schon seit über 4.000 Jahren. Damit sollte ursprünglich vor allem das Risiko aus der Landwirtschaft oder aus Handelsreisen abgesichert werden. Die Kritik von Warren Buffett und anderen bezieht sich vor allem darauf, dass viele Derivate heute rein spekulativen Zwecken dienen. Denn mit kleinen Beträgen lässt sich hier viel Geld verdienen. Wer beispielsweise ein Future kauft, der muss nur einen Teil des Wertes bei Beginn hinterlegen, er kann also mit 100 Euro bei einem Future auf Aktien mehr Gewinn machen als mit den Aktien selbst, er verliert aber auch entsprechend mehr, wenn die Rechnung nicht aufgeht.
Einen ganz anderen Zweck hatten Differenzkontrakte ursprünglich. Dabei handelt es sich um Festgeschäfte, meistens mit Barausgleich, die auf einen Basiswert wie beispielsweise eine Aktie abgeschlossen werden. Mit ihnen sollte die britische Börsenumsatzsteuer umgangen werden, denn statt der Aktie, für deren Erwerb Steuern fällig wurden, wird nur das Derivat gehandelt, für das keine Steuern anfallen.
Derivate für Privatanleger
Für Privatanleger kommen ganz unterschiedliche Derivate in Frage. Beliebt sind vor allem Optionen, bei denen das Recht etwas zu kaufen oder verkaufen gehandelt wird.
Ebenfalls bei Privatanlegern beliebt sind die oben genannten Differenzkontrakte, auch CFDs für Contract for Difference genannt. Sie erlauben nämlich das Handeln von Aktien und Indizes mit einem Hebel, bei einem Hebel von 100 wird beispielsweise mit 100 Euro so viel Gewinn (oder Verlust) gemacht wie sonst mit 10.000 Euro.
CFDs werden vor allem zu spekulativen Zwecken eingesetzt, weil man mit ihnen weit höhere Gewinne erzielen kann als mit Aktien. Aber auch zu Absicherungszwecken können Privatanleger Derivate nutzen. Wer beispielsweise 10.000 Euro in ein DAX-ETF investiert hat und verhindern will, dass dessen Wert nach drei Jahren unter 8.000 Euro liegt, der kann eine Verkaufsoption erwerben, die ihm dann den Verkauf des ETF für diesen Betrag oder einen entsprechenden Barausgleich garantiert.
Auch Garantie– und Discount-Zertifikate, die ein geringeres Risiko bieten, haben wie alle anderen Zertifikate auch, derivative Komponenten.
Was Privatanleger unbedingt zu Derivaten wissen müssen
Die Kritik von Investoren wie Warren Buffett hat ihren Grund, denn bei vielen Derivaten ist das Risiko sehr hoch. Wer mit einem Hebel von 200 CFDs auf den DAX handelt, der verliert auch das 200fache, wenn sich der Kurs nicht wie gewünscht entwickelt. Schon bei einem Verlust von 0,5 Prozent ist das gesamte Kapital aufgebraucht, bei höheren Verlusten muss Geld nachgeschossen werden.
In den Augen der Kritiker sind Derivate außerdem reine Spekulation. Während ein Aktionär in ein Unternehmen investiert oder ein Anleihengläubiger einem Staat, einer Bank oder einer Firma Geld leiht, sei der Handel mit Derivaten ein Nullsummenspiel. Jedem Gewinner steht ein Verlierer gegenüber – abzüglich der Handelskosten verlieren also mehr Marktteilnehmer. Das stimmt zwar nicht ganz, denn Derivate dienen oft ja auch zur Absicherung von Risiken, aber wahr ist auch, dass ein Teil des Handels tatsächlich spekulativen Zwecken dient. Wer dort Gewinne machen will, der muss den Markt schlagen.
Fazit
Derivate sind keine Massenvernichtungswaffen, sie können sogar helfen Risiken zu minimieren. Entscheidend ist schlicht, wie sie eingesetzt und welche Derivate verwendet werden. Optionen und CFDs sind vor allem für Trader geeignet, für die der Spaß am Handeln im Vordergrund steht und die auch Verluste verkraften können.
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