Länder wie Südkorea und Taiwan haben es vorgemacht – sie sind von Entwicklungsländern in die Riege der Industrienationen aufgestiegen. Davon profitiert haben auch Anleger, die rechtzeitig in die Aktienmärkte dieser Länder investiert haben. Der südkoreanische Aktienindex hat sich allein in den ersten zehn Jahren seines Bestehens nahezu verachtfacht. Doch wer wird das nächste Südkorea?
Emerging Markets Aktien im Überblick
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- Hohes Wachstumspotential
- Teils höheres politisches Risiko
- Langfristige Geldanlage
- Schutz vor Asset Meltdown
- Risikostreuung durch Schwellenländer
Was sind Emerging Marktes, was BRICS?
Als Emerging Markets werden die Kapitalmärkte der aufstrebenden Länder mit mittlerem Einkommen, aber hohem Wirtschaftswachstum gekennzeichnet. Es handelt sich also um den Wertpapiermarkt eines Schwellenlandes, englisch Emerging Country.
Welche Länder genau dazu gehören, ist schwer abzugrenzen. Der Internationale Währungsfonds unterscheidet nicht zwischen Entwicklungs- und Schwellenländern, sondern spricht allgemein von Developing and Emerging Countries, die Weltbank wiederum teilt die Staaten der Erde in vier Gruppen, von denen die Upper Middle Income Countries am ehesten der Definition eines Schwellenlandes entsprechen. Dort finden sich so unterschiedliche Länder wie die Volksrepublik China, Südafrika, Argentinien, Thailand, Angola, Mexiko, Serbien oder die Türkei. Einige dieser Länder werden in anderen Übersichten schon zu den Industrienationen gezählt. Dafür finden sich auch in der Gruppe der Lower Middle Income Countries Länder, die sonst üblicherweise als Schwellenländer betrachtet werden, beispielsweise Indien oder Indonesien.
Indien ist auch Teil der BRICS-Staaten. Dazu gehören mit Brasilien, Russland, Indien, China (Volksrepublik) und Südafrika fünf Staaten mit mittlerem Wohlstand, denen aufgrund ihres Wachstums zugetraut wird zu den Industrienationen aufzuschließen. Der Begriff stammt von Jim O’Neill, Chefvolkswirt der Großbank Goldman Sachs.
Die gerne noch als Schwellenländer bezeichneten Tigerstaaten Singapur, Südkorea, Hong Kong und Taiwan gehören dagegen längst nicht mehr in diese Gruppe, sondern zur Riege der Industrienationen. Das Bruttonationaleinkommen Singapurs liegt sogar höher als das Deutschlands, kaufkraftbereinigt auch das von Hong Kong. In einigen Emerging Market Fonds werden Aktien aus diesen Ländern oder zumindest einem Teil dieser Länder aber noch gehalten.
Weil die Abgrenzung eines Emerging Market unscharf ist, müssen Anleger bei Fonds auf die Zusammensetzung der Aktien achten.
Das spricht für Emerging Markets Aktien
Schwellenländer zeichnen sich oft durch ein besonders hohes Wachstum aus, das verspricht auch Anlegern gute Chancen. Denn in den meisten Ländern gibt es einen hohen Nachholbedarf, ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg. Außerdem ist das Potential an Arbeitskräften groß, was ebenfalls gute Bedingungen für ein starkes Wachstum schafft. Gleichzeitig fehlt oft inländisches Vermögen, um die Expansion zu finanzieren, was die Chancen für ausländische Investoren erhöht.
Die Zahl der Arbeitnehmer dürfte in den meisten Emerging Markets, von der Volksrepublik China abgesehen, noch einige Jahre steigen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Aktien als langfristige Alterssicherung gekauft werden. Denn nicht wenige Beobachter warnen vor einem sogenannten Asset Meltdown in der Zukunft. Mit der Alterung der Gesellschaft müssen private Investoren und Versicherungskonzerne ihre Aktienbestände reduzieren, um davon zu leben oder Renten an die Versicherten auszuzahlen. Weil gleichzeitig weniger junge Arbeitnehmer Aktien kaufen, stagnieren die Kurse. Dass es wirklich so kommt ist keineswegs sicher, doch wer einen Teil seines Geldes in die Emerging Marktes investiert, verringert dieses Risiko.
Generell sollten Anleger ihre Investitionen streuen. Auch ohne Asset Meltdown besteht bei einer ausschließlichen Investition im Heimatland die Gefahr, dass sich die Aktienmärkte dort schlecht entwickeln. Angenommen Europa verliert wirtschaftlich den Anschluss zur Weltspitze, dann würden darunter sowohl das Erwerbseinkommen als auch die Aktiengewinne leiden. In andere Regionen zu investieren ist also in jedem Fall sinnvoll.
Die Vorteile noch einmal im Überblick:
- Hohes Wirtschaftswachstum in vielen Schwellenländern
- Oft wachsende Bevölkerung
- Verringern des Home Bias
Nachteile der Emerging Markets
Wer in Emerging Markets Aktien investieren will, sollte sich aber auch der Risiken bewusst sein. Viele Entwicklungsländer können ihren Finanzbedarf nicht aus eigener Kraft decken. Der hohen Nachfrage nach Kapital, um in neue Fabriken und die Infrastruktur zu investieren, steht ein geringes inländisches Kapitalangebot gegenüber. Denn die Bevölkerung ist zum großen Teil noch arm und kann nur wenig sparen. Das führt zwar einerseits zu attraktiven Bedingungen für Kapitalanleger, zum anderen aber auch zu einer hohen Abhängigkeit vom Ausland. Verlieren ausländische Investoren das Vertrauen in ein Land oder eine Region, kann das zu drastischen Kurseinbrüchen führen, wie etwa Ende der 1990er Jahre in der Asienkrise.
Hinzu kommt, wie bei allen Investitionen außerhalb des Euroraums, ein Wechselkursrisiko. Außerdem sind viele Schwellenländer politisch weniger stabil als Industrienationen. Länder wie Brasilien oder Argentinien wurden bereits mehrfach als Hoffnungsträger gefeiert, konnten die in sie gesetzten Erwartungen aber nie längere Zeit erfüllen.
In die andere Richtung zielen Kritiker, für die die Schwellenländer die beste Zeit schon hinter sich haben. Das Wachstumspotential liegt niedriger als bei Entwicklungsländern und auch die Bevölkerung wird in vielen Schwellenländern mittelfristig stagnieren. Diese Beobachter raten deshalb zu einem Engagement in ärmere Staaten, das allerdings im Regelfall noch risikoreicher ist.
Die Nachteile im Überblick:
- Oft hohe Abhängigkeit von ausländischen Geldgebern
- Währungsrisiken
- Politische Risiken
- Weniger Potential als Entwicklungsländer
- Höhere Volatilität
Emerging Marktes Aktien: Einige praktische Tipps
Der Kauf von Aktien aus Schellenländern benötigt viel Vorbereitung. Ein Blick in die Zukunft des eigenen Landes zu werfen ist schon schwer genug, wohin sich Länder wie Südafrika oder Russland entwickeln, ist für die meisten Anleger noch schwerer vorherzusehen.
Anleger sollten deshalb über den Kauf von börsengehandelten Indexfonds (ETFs) nachdenken. Diese lassen sich ganz normal über die Börse kaufen. Im Gegensatz zu regulären Fonds sind sie billiger. Zwar benötigt man ein Aktiendepot dafür, doch das gibt es bei vielen Brokern gebührenfrei. Einige ETFs enthalten Aktien aus unterschiedlichen Ländern, das reduziert das Risiko und ist vor allem für jene Anleger zu empfehlen, die sich nicht zu sehr mit der Geldanlage befassen möchten.
Wer dennoch Einzelwerte kaufen will, muss sich zuvor gut über das Unternehmen und auch das Zielland informieren. An einer vernünftigen Fundamentalanalyse führt fast kein Weg vorbei. Denn Emerging Market ist nicht gleich Emerging Market. Die Volksrepublik China ist eine Diktatur, Indien dagegen eine Demokratie. Südafrika setzt vor allem auf den Export von Rohstoffen, Bangladesch dagegen auf Industrieprodukte, allen voran Textilien.
Dass ein Land Rohstoffe besitzt, ist noch keine Garantie für ein stabiles Wirtschaftswachstum. Mitunter führt der natürliche Reichtum dazu, dass diese Länder besonders heftig von Korruption und Kriegen betroffen sind. Der Ökonom Daron Acemoğlu stellt in seinem Buch „Warum Nationen scheitern“ sogar die These auf, dass Nordamerika vor allem wegen seines Mangels an Gold- und Silberfunden das Schicksal Süd- und Mittelamerikas mit einem Kreislauf aus Ausbeutung, Korruption, Machtmissbrauch und Instabilität erspart blieb. Deshalb sollte bei einer Einzelanalyse die Stabilität eines Landes große Bedeutung haben.
Emerging Market ist nicht gleich Emerging Market, beim Kauf von einzelnen Aktien oder Länderfonds ist deshalb eine gute Analyse wichtig. Die Alternative ist der Kauf von Emerging Market ETFs, beispielsweise auf den MSCI Emerging Markets Index, in dem verschiedene Länder enthalten sind.
Fazit zu Emerging Markets Aktien
Aktien aus unterschiedlichen Regionen senken das Risiko. Vieles spricht dafür, dass darunter auch Wertpapiere aus den sogenannten Emerging Markets sein sollten. Sie bieten mehr Chancen, haben allerdings auch ein höheres Risiko.